Der Sommer hat uns nun definitiv erreicht. Vor zwei Wochen ist das Thermometer in Amman bis 40° Grad hochgeklettert, rund 10° mehr als im Monat Mai üblich ist. Da kommt man schon recht ins Schwitzen.
Noch mehr ins Schwitzen hat mich dieser Moment gebracht. Eigentlich wäre in dieser brütenden Hitze ein kühler Kopf dringend nötig gewesen. Wir waren unterwegs, mit dem Taxi in die Garage – Auto abholen, bei dem mehrmals alles Kühlwasser innert wenigen Minuten ausgelaufen war. Dann weiter zu einem Besuch, von dem wir uns erhofften, dass er den Prozess zur Beschaffung unserer Aufenthaltsbewilligungen etwas beschleunigen konnte. Und dann zurück nach Hause, wenn nicht das Auto plötzlich fürchterlich zu stinken begonnen hätte und mehrere rote Signale gleichzeitig aufleuchteten. Also hielten wir so schnelle wie möglich – schnelle war leider nicht möglich – an, öffneten die Motorhaube, wichen dem Rauch aus, der daraus hervorquoll um zu entdecken, dass unter dem Motor Flammen hervorzüngelten. Das war eben dieser Moment – Schweissausbruch. Dann ein verzweifelter Versuch mit einem Feuerlöscher, der unter dem Führersitz wahrscheinlich vor vielen Jahren einmal verstaut wurde das Feuer zu löschen. Froh darüber, dass ich mich an diesen störenden Gegenstand erinnerte, der oft den Füssen versuchte den Platz zu rauben, nahm ich ihn zur Hand und betätigte den Knopf mit der Hoffnung den Flammen Einhalt gebieten zu können. Doch leider passierte nichts, ausser dass sich die Flammen weiterfrassen. Noch mehr Schweiss auf der Stirn, Blackout, Ratlosigkeit und Entsetzen.
Was wenn unser Auto ganz in Flammen aufgeht und auch die nahe geparkten Wagen beschädigt werden?
Irgendwie fühlte sich der Moment aber falsch an, sich dieses Szenario eingehend auszumalen. Ein Mann, der auf uns aufmerksam wurde eilte herbei mit einer Flasche Wasser in der Hand und begann ungefragt mit dem kühlen Nass die Flammen zu bekämpfen. Kaum realisiert was da passierte, hatte er schon eine zweite Flasche zur Hand und goss auch sie über den kochend heissen Motor. Dann zauberte er einen Schraubenschlüssel hervor um die Kabel von der Batterie zu lösen und so einem weiteren Ausbrechen der Flammen vorzubeugen. Er übernahm sogar das Telefongespräch mit dem Mechaniker, der das Auto gerade eben noch bei sich hatte. Der genaue Sachverhalt wurde in Arabisch geschildert, unsere Position bekannt gegeben und freundlich nahegelegt, doch möglichst schnell zu kommen. Ja, und da sassen wir und warteten. Wir schwitzten immer noch, jetzt aber einfach weil unsere Körper noch nicht genug Zeit hatten sich an die hohen Temperaturen zu gewöhnen. Die Lichtmaschine sei defekt. Im Zusammenhang mit dem brütend heissen Wetter könne das schon einmal dazu führen, dass das Auto Feuer fängt. Wir hätten Glück gehabt. Wir liessen das Auto stehen, gaben den Schlüssel dem Mechaniker, setzten uns in ein Taxi und begaben uns auf den Heimweg.
Natürlich werden wir uns noch ab und zu an dieses Erlebnis erinnern. Besonders aber an den Mann, der mir in diesem Moment wie ein Engel erschien.
Ich schätze die Hilfsbereitschaft der Menschen hier. Wenn ich in seiner Haut gesteckt hätte – ich kenne mich – hätte ich zurückhaltender reagiert. Ich bin ja kein Experte und könnte etwas falsch machen. Vielleicht ist ja gerade jemand in der Nähe, der wirklich etwas vom Problem versteht und besser helfen kann. Vielleicht wäre tatsächlich etwas weiter am Strassenrand entfernt jemand gestanden, der kompetenter hätte helfen können. In dem Moment war mir das aber egal.
Was mir unglaublich viel bedeutete war der Mann, der keine Mühe scheute und zuversichtlich sein Bestes gab.
Ich bin mir sicher, dass die unzähligen bedürftigen Menschen dankbar sind, dass wir uns nicht vom Gedanken abhalten lassen, dass es da irgendwo jemand gibt, der es vielleicht besser machen könnte.
Christoph Roggli, Team NOIVA