Helferin Andrea berichtet von ihren Erlebnissen während eines 2-wöchigen Freiwilligeneinsatzes im Frühling 2019.
Bereits in der Schweiz habe ich verschiedene Flüchtlinge näher kennengelernt und mir wurde bewusst, was es heisst, von einem Tag auf den anderen alles zu verlieren und in einem fremden Land eine Existenz neu aufbauen zu müssen. Vielen bleibt selbst diese Möglichkeit verwehrt. Umso wichtiger ist die Hilfe vor Ort. Deshalb beschloss ich, für zwei Wochen während der Osterferien bei einem Hilfseinsatz in Jordanien mitzuwirken. Der Kern der humanitären Arbeit der Stiftung NOIVA besteht darin, Beziehungen zu Menschen in Not zu knüpfen. NOIVA schafft Raum für Beziehung, Annahme, Wertschätzung, Versöhnung und Freundschaft. Aus der Überzeugung, dass all dies wesentlich zu nachhaltiger Veränderung beiträgt, investiert das Team – gemeinsam mit Freiwilligen – viel Zeit in persönliche Begegnungen. Ich möchte dem ganzen NOIVA-Team herzlich danken für diesen wertvollen Einblick in eine völlig andere Welt.
Lernen mit den Kleinen
Gleich zu Beginn unseres Einsatzes durften wir im NOIVA-Projekt «learn2live» drei Vormittage lang mitwirken. Im Rahmen von «learn2live», einer Schulalternative, unterrichten syrische Frauen bei sich zuhause Kinder aus der Nachbarschaft und erwirtschaften so ein Einkommen für ihre Familien. Während des Spezialprogramms, das wir mitgestalteten, erfuhren die Kinder in den Lerngruppen auf spielerische Art viel Schönes und Spannendes über ihr Heimatland Syrien, ihr Gastland Jordanien sowie über unser Land, die Schweiz. Es wurde viel gelacht, gesungen, getanzt und gebastelt. Wir haben einander sofort ins Herz geschlossen. Beim anschliessenden Tee lernten wir bereits am ersten Tag die arabische Gastfreundschaft kennen.
Besuchstour mit Traurigem und Schönem
An den Nachmittagen besuchten wir in kleinen Teams syrische Familien und brachten ihnen Geschenke, Kleider und anderes mit, was sie im Alltag dringend benötigen. Durch einfache Spiele konnten wir die Kinder begeistern, sodass schon bald jegliche Berührungsängste verflogen waren. Im Gespräch, jeweils unterstützt von einem freiwilligen Dolmetscher, erfuhren wir von traurigen Schicksalen, die uns immer wieder sehr berührten.
Jeder braucht mal eine «Auszeit»
Während der von NOIVA organisierten kulturellen Anlässe wurden Flüchtlinge aller Altersgruppen eingeladen, ihren Alltag für ein paar Stunden hinter sich zu lassen. Auch hier wurde viel musiziert, getanzt und gelacht. Ausserdem nimmt NOIVA regelmässig Flüchtlingsfamilien auf Ausflüge ins Grüne mit – seltene Gelegenheiten, dem Alltag zu entfliehen und einmal etwas anderes zu sehen. Für manche Kinder ist es das erste Mal, dass sie aus Mafraq herauskommen und Jordanien von einer neuen Seite entdecken.
Weitere Programmpunkte unseres Einsatzes waren ein Fussballnachmittag für Männer und parallel dazu ein Tanznachmittag für Frauen, auch für uns Schweizerinnen ein besonderes Erlebnis. Toll fand ich, dass unser Mittagessen jeweils von Flüchtlingsfamilien zubereitet wurde. Sie bekochten uns mit grosser Freude und genossen neben dem finanziellen Zustupf die Wertschätzung und Dankbarkeit, die wir ihnen für das leckere arabische Essen gaben. Einmal durften wir sogar selber mitkochen, was für ein Vergnügen!
Viele der Menschen, denen wir begegneten, haben grosses Leid und grosse Ungerechtigkeit erfahren. Umso mehr hat mich ihr Optimismus und Durchhaltewillen beeindruckt. Am Schluss fühlte ich mich reich beschenkt. Es waren Begegnungen von Mensch zu Mensch.