Am Samstag, 27. Oktober, führte die Stiftung NOIVA im Gate27 in Winterthur ihr drittes Forum durch. Das Thema «Alltagshelden» sprach ein bunt gemischtes Publikum an. Das vielseitige Programm prägten Frauen und Männer, die auf ganz unterschiedliche Art die Welt verbessern.
Sie wissen, dass es auf sie ankommt. Sie leben ihre Träume. Und sie schreiben Geschichte: ob als Psychologie-Professor oder Handchirurgin, als Computer-Freak oder Fotograf. Das diesjährige Motto «Alltagshelden» hat bewusst ganz verschiedene Persönlichkeiten auf die Bühne geholt – Menschen der Tat, die gerade deshalb etwas zu sagen haben, weil sie nicht nur reden. «Gemeinsam die Welt von morgen gestalten», hiess es denn auch in der Einladung zum Event. Drei Verben halfen, dieses Ziel in konkretes Handeln herunterzubrechen: inspire – involve – invest. Gut hundert Personen haben die Beiträge dazu mit Interesse verfolgt und in den Pausen rege weiterdiskutiert. TSurigo Theatersport, die Band UPwärts und Paolo Vignoli mit dem Kinderchor Superar sorgten für willkommene kreative Unterbrüche und halfen, das Gehörte zwischendurch ein wenig zu sortieren.
Warum Helfen glücklich macht
Auf das einleitende Grusswort von Stadtpräsident Mike Künzle und NOIVA-Präsident Andi Kunz folgte der erste Referent des Anlasses: Dr. Willibald Ruch, Professor für Persönlichkeitspsychologie. Von der Universität Zürich aus forscht er seit vielen Jahren im Bereich der positiven Psychologie. Dabei setzt er sich unter anderem mit der Frage auseinander, wie Menschen Glück und Zufriedenheit finden. Und tatsächlich kann Ruch eine Erfahrung bestätigen, die viele der Teilnehmenden in ihrem Leben schon gemacht haben – dass Menschen, die sich für andere einsetzen, auch selbst aufblühen. «Charakterstärken sind trainierbar, und es lohnt sich», ist der Psychologe überzeugt.
Anschliessend erzählte Andi Kunz, Gründer der Stiftung NOIVA, von seinem Werdegang. Als kleiner Junge erhielt er von seiner Mutter den gutgemeinten Rat, nur ja nicht nach den Sternen zu greifen. Doch Kunz konnte nicht anders, als sich immer und immer wieder auszustrecken nach dem scheinbar Unmöglichen – ein Wesenszug, der den 62-Jährigen bis heute begleitet: Sein grosser Traum ist Versöhnung im Nahen Osten. Die humanitären Projekte, die NOIVA in Jordanien realisiert, versteht Kunz daher nicht nur als Entwicklungshilfe, sondern als ein Stück Versöhnungsarbeit.
Was wir tun, tun wir mit Herz. Für uns stehen
nicht Zahlen, Strukturen und Institutionen, sondern immer
Menschen im Vordergrund.
– David Spielmann, Gründer von SOULMAN
Vier ganz normale Alltagshelden
Am Nachmittag stellten sich im Rahmen des Helden-Talks zwei Frauen und zwei Männer vor, die allesamt interessante Initiativen ins Leben gerufen haben: als Chirurgin, IT-Profi, Reiseveranstalterin und Freund von Senioren (siehe Kasten). Im Gespräch fühlte Moderator Martin Diener den Alltagshelden ernsthaft und zugleich humorvoll auf den Zahn. Eindrücklich war, wie frisch und ehrlich die Antworten daherkamen. Viel zu schnell war die Zeit um; man hätte noch lange zuhören mögen. Das Vorbild dieser vier mutigen Menschen inspirierte dazu, die eigene «Superkraft» zu entdecken und zu leben. Mehr zu den Personen finden Sie zuunterst in diesem Artikel.
Neue Perspektiven für Kambodschaner
Ein weiteres Highlight des Programms war das Referat des bekannten Fotokünstlers Hannes Schmid, der kürzlich mit dem Prix Courage «Lifetime Award» ausgezeichnet wurde. Weltruhm erlangte der Fotograf mit dem «Marlboro Man», zudem begleitete er zahllose Rockstars mit der Kamera. Seit 2012 engagiert sich Schmid mit dem Hilfswerk Smiling Gecko für Familien in Kambodscha, einem der ärmsten Länder der Welt. In seinem Vortrag beschrieb er leidenschaftlich, wie und warum er diese Arbeit in Kambodscha aufgebaut hat. Eindrückliche Bilder brachten den Gästen den Lebensalltag notleidender Familien in den Slums und auf den Müllhalden von Phnom Penh zum Greifen nah. «Während der letzten Jahre konnte Smiling Gecko zahlreiche Arbeits- und Ausbildungsplätze schaffen. Damit verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz. Die Lebensumstände in einer gesamten Gesellschaft verbessern sich», so Schmid. Sein emotionaler Bericht hat das Publikum sichtlich bewegt.
Mut, Herzblut und Beharrlichkeit machen Unmögliches möglich.
– Hannes Schmid, Gründer des Hilfswerks «Smiling Gecko»
Jede(r) ist gefragt!
Anschliessend sang der Kinderchor Superar unter der Leitung von Paolo Vignoli einige zum Thema passende Lieder – eine berührende Abrundung und für die Zuhörerinnen und Zuhörer die Gelegenheit, den Tag nochmals Revue passieren zu lassen. Nach dem Schlusswort von Andi Kunz, Präsident der Veranstalterin Stiftung NOIVA, leerte sich der Saal nach und nach. Hier und da waren Gäste noch in angeregte Gespräche vertieft. Die Botschaft, die zwischen den Zeilen immer wieder auftauchte, war: Die Welt braucht nicht noch mehr Stars und Genies, Experten und Profis; sie braucht mehr Alltagshelden. Und das kann jede(r) sein! Wenn dieser Gedanke da und dort verstanden wurde, dann ist das Ziel des Events mehr als erreicht.
Die Teilnehmenden des Helden-Talks
Dr. Katrin Hagen, Handchirurgin, operiert regelmässig in ihrer zweiten Heimat Nepal. Seit sie dort einen Teil ihrer Kindheit zugebracht hatte, liess das Land am Himalaya sie nie mehr los. 2016 wurde die Ärztin für ihr Engagement mit dem Swiss Award 2016 ausgezeichnet.
Christian Hirsig, Technologie-Unternehmer, bietet mit dem Projekt Powercoders IT-interessierten Flüchtlingen einen Neuanfang in der Schweiz. «Dank unserer Programmierschule können wir direkt vor unserer Haustür etwas Gutes bewirken», erklärt der erfolgreiche Betriebswirtschafter.
Nina Ariely Zaugg, Schweiz-Israelin und Gründerin von Mainstay Tours, bietet Begegnungsreisen nach Israel an. Ihr Anliegen ist das Brückenbauen zwischen Menschen verschiedener Hintergründe und Religionen. «Gäste sollen unser Land auf eine realistische Art und Weise entdecken: in all seiner Schönheit, Vielfältigkeit und Komplexität», so Zaugg.
David Spielmanns Mission sind ältere Personen. «Für mich gibt es nichts Schöneres, als anderen Gutes zu tun», sagt der Aargauer Familienvater und betont, für Senioren seien Freundschaften ganz besonders wichtig. Wo immer der «Soulman» aufkreuzt, sagt er Einsamkeit und Langeweile den Kampf an – und gibt Betagten dadurch ein Stück Lebensqualität zurück.